Historische Färberpflanze „Färberdistel / Saflor“

Lateinischer Name:
Cartamus tinctorius L.

Familie:
Korbblütler (Asteraceae)

Farbkraft der Färberdistel

In den Blütenblättern der Färberdistel ist der gelbe Farbstoff Carthamin (Saflorgelb) und der rote Farbstoff Carthamon (Saflorkarmin) enthalten. Zu Beginn der Blüte enthält diese vor allem den gelben Farbstoff Carthamin. Im späteren Verlauf steigt der Carthamongehalt in der Blüte und so färbt sich diese durch Oxidation, unter Einwirkung von Enzymen, nach und nach orange-rot.

Wenn wir aus den Blütenblättern Farbe extrahieren wollen, erhalten wir ein leuchtendes Gelb mit unglaublicher Strahlkraft. Der Rotton ist im Farbsud auch sichtbar – vorherrschend ist jedoch das strahlende Gelb.

In der Malerei kann man z.B. nach dem Kaltauszug – also nach dem Mörsern und Durchpressen der Blüten (siehe Foto), den Farbsud mit der Zugabe von z.B. Natron in einen gelb-orangenen Ton ziehen.

Um an den reinen Rotton in den Blütenblättern zu kommen, muss man die Blütenblätter zunächst mehrmals ausgiebig „waschen“, um das vorherrschende, wasserlösliche Gelb zu entfernen. Erst dann wird das Rot sichtbar.
Im nächsten Schritt gewinnt man nun den roten Farbsud durch laaaanges Kneten (1 – 1,5 Std.) der roten Blüten – in Verbindung mit einer Base. Während sich der pH-Wert verändert, löst sich der rote Farbstoff.
Der rote Farbsud wird im nächsten Schritt wieder in einen sauren pH-Bereich gebracht und die Färbung kann beginnen.

Links: getrocknete Färberdistelblüten
Rechts: gewaschener Saflor. Das Gelb ist weitestgehend entfernt und das Rot wird sichtbar.

Die roten Blüten werden nun weiter verarbeitet. Es heißt nun kneten, kneten, kneten….

In der Stoff-Färbung habe ich, mit dieser Methode, auf Baumwolle ein wunderbares Rosa erzielt.
Diese Farbe ist wenig licht- und waschecht. Doch die Freude nach stundenlanger Bearbeitung ist riesig 🙂

Aufgrund der geringen Licht- und Waschechtheit war die Färberdistel ca. 1927 in vielen Ländern durch synthetische Farbstoffe ersetzt worden. Doch in Indien z.B. wurden die sogenannten „Färbplätzchen“ (ca. 4 cm groß, linsenförmig getrocknet) mit dem begehrten Rot, zur Färbung von Speisen oder Schminke eingesetzt.

Es steckt noch viel mehr in den pflanzen als das, was wir zunächst sehen!

Linke Herzhälfte: Baumwollfärbung mit „gewaschenem“ Saflor
Rechte Herzhälfte: „normale“ Färbung mit Saflor auf naturbelassener Baumwolle

Geschichtlicher Hintergrund der Färberdistel

Die Färberdistel wurde bereits im alten Ägypten zur Gelb- und Rot-Färbung von Geweben verwendet.
Es gibt z.B. Funde aus dem Neuen Reich des pharaonischen Ägyptens (ca. 1550-ca. 1085 v.Chr.), bei denen Einzelblüten des Saflors, als Bündel zusammengefasst, auf der Brust einer Mumie gefunden wurden. Diese Bündel waren wohl in ein Blumengewinde eingefügt. Man nimmt zudem an, dass Mumienbinden mit Saflor rosa eingefärbt wurden. Doch dies ist wohl noch nicht ausgiebig untersucht worden.

Funde in Indien konnten die verkohlten Früchte des Saflors, gemeinsam mit u.a. Reis und Kichererbsen, nachweisen. Die Zeit wird hier auf ca. 1000 v. Chr. belegt. Es wird vermutet, dass die ölhaltigen Früchte als Nahrungsquelle genutzt wurden. Es gibt zudem schriftliche Aufzeichnungen, welche belegen, dass das ausgepresste Öl verwendet wurde.

Auch in den Speichern einer römischen Siedlung wurden verkohlte Saflorfrüchte entdeckt, die auf das 3.Jhdt. n. Chr. datiert werden.

In Ägypten wird in Papyri (325-30 v. Chr.) das sogenannte Knikos-Öl = Saflor-Öl erwähnt.
Dieser Name für das Öl wurde auch zur Zeit von Teophrastus (griechischer Philosoph und Naturforscher, um 371 v. Chr.–um 287 v. Chr.) und auch zur Zeit von Plinius (römischer Gelehrter, Offizier und Verwaltungsbeamter, 23-79 n. Chr.) erwähnt. Doch hat man in Griechenland und Italien wohl eher auf das Olivenöl und – für den roten Farbstoff – auf den Färberkrapp und die Purpurschnecke zurückgegriffen.

Im 3. – 4. Jhdt. wurde die Färberdistel auch nach China eingeführt. Hier wurde sie für die Stoff-Färberei; für die Schminkherstellung und zudem als Heilmittel eingesetzt.

In der Türkei; südlich des Kaukasus und in Mittelasien z.B., wurde der Saflor seit jeher für die Teppichfärberei verwendet.

(Quelle: Nutzpflanzen in Deutschland, Udelgard Körber-Grohne)

Die Färberdistel wurde von den Römern aus dem Mittelmeerraum nach Mitteleuropa gebracht und so wurden, seit dem 13. Jahrhundert, mit den Pflanzenauszügen des Saflors, Gewänder in rot und gelb gefärbt.
Zudem wurde Saflor zur Färbung von Speisen verwendet.

In Mitteleuropa wird die Färberdistel das erste Mal in dem Pflanzenbuch von Albertus Magnus (1200-1280) als Crocus hortensis erwähnt.
Leonhard Fuchs (deutscher Mediziner, 1501-1566) beschreibt den Saflor wiederum, in seinem Kräuterbuch („New Kreüterbuch„), als „Wilden garten Saffran“. Hier gibt es eine nähere Beschreibung und eine Abbildung der Färberdistel. Es heißt hier: „Der wild Saffran würt an vilen orten unsers Teutschen lands in gärten und äckern gepflanzt jährlich wie andere frucht.“
Die zerstoßenen Früchte dienten als Medizin und die Blüten wurden zum Färben von Speisen eingesetzt.

Weitere Namen des Saflors sind Öldistel, Bürstenkraut, Baurenspindel oder auch Bauernsafran. Dieser wurde früher hierzulande gerne als günstigere Variante des Safrans eingesetzt.

Angebaut wurde der Saflor im 16. Jhrd. auch in Bad Boll in Baden Württemberg und in Eichstätt im Altmühltal.
Der Höhepunkt des Anbaus war im 17. Jahrhundert. Die Färberdistel wurde dann noch bis zum 18. Jhdt. großflächig in Thüringen und im Elsass zur Farbgewinnung angebaut.

Mitte des 18. Jahrhunderts wurde jedoch Saflor und Safran aus Ägypten und dem Osten importiert und so ging der Anbau hierzulande immer weiter zurück. Anfang des 20. Jahrhunderts wurde dann die Verwendung des Farbstoffes aus der Färberdistel, durch synthetische Farben ersetzt (Anilin).

1927 wird die Färberdistel nur noch in geringem Maße in Thüringen und in der Pfalz angebaut. Die Saflorblüten wurden für Malerfarben eingesetzt – zudem für die Schminkherstellung und dem Färben von Speisen, wie z.B. Likör und Konfekt.

Ende des 20. Jahrhunderts gerät die Färberdistel, aufgrund ihrer wertvollen ölhaltigen Samen, wieder in den Fokus der Industrie. Die Samen enthalten die mehrfach ungesättigte Linolsäure und sie sind zudem reich an Vitamin E.
Neben der Verwendung als wertvolles Lebensmittel, dient das Öl auch als Grundlage für die Herstellung von Farben und Lacken – und so wird die Färberdistel industriell u.a. in Mexiko, Argentinien, Indien, USA und Australien angebaut.
In Indien z.B. wird sie auch noch für die Seiden- und Baumwollfärberei eingesetzt.
Die Färberdistel ist in Deutschland v.a. durch das wertvolle „Distelöl“ bekannt.

Anbau und Ernte der Färberdistel

Die Färberdistel mag warme Standorte; ist trockenresistent und wächst gerne auf lehmig-sandigen und gut durchlässigen Böden. Staunässe mag sie nicht.
Die Samen können Mitte April – Anfang Juni direkt ins Freiland ausgesät werden. Die ersten Pflanzen erscheinen normalerweise nach ca. 2-3 Wochen.
Diese Pflanze bildet eine kräftige Pfahlwurzel aus und erreicht eine Wuchshöhe von bis zu 1,20 m.

Saflor hat stachelig, gezähnte Blätter und distelartige Blütenköpfe (3-4 cm groß). Es sitzt jeweils 1 Blütenkopf am Ende eines etwa 60 – 1,20 m hohen, verzweigten Stängels. Die Hüllblätter sind ebenso stachelig gezähnt.
Die Pflanze ist einjährig und blüht im Juli/August – gelb bis rot – und bildet in der Samenzeit im August/September bis zu 100 Samen.
Für die Färberei erntet man die Blütenblätter und zwar so, dass die Samenernte nicht beeinträchtigt wird (Fruchtknoten bleibt bestehen). Die Blütenblätter werden sofort bei 40 Grad getrocknet und zur Färbung weiterverarbeitet.

Die Samen der Färberdistel enthalten ca. 23% fettes Öl. Dem Distelöl wird eine blutdrucksenkende und cholesterinsenkende Eigenschaft zugesprochen.

Johann Georg Sturm, Deutschlands Flora in Abbildungen, 1796
Carthamus tinctorius L.

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